Moralische Intuitionen in der Biotechnologie
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| Title: | Moralische Intuitionen in der Biotechnologie |
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| Authors: | Camenzind, Samuel |
| Publisher Information: | Bundesamt für Bauten und Logistik BBL, 2024. |
| Publication Year: | 2024 |
| Subject Terms: | 106004 Bioethik, Ethik, Moralische Intuitionen, 211926 Technikethik, genetic pain disenhancement, Biotechnologie, 211926 Technology ethics, Klonen, 106004 Bioethics |
| Description: | Ist es möglich, moralische Intuitionen aus dem Alltag zu lösen und sie auf abstrakte biotechnologische Methoden und bioethischen Fragestellungen anzuwenden? Wie zuverlässig sind Intuitionen bei der ethischen Urteilsfindung im Kontext der Biotechnologie und welches argumentatorische Potential kommt ihnen zu? Diese Fragen und insbesondere das begründungstheoretische Potential von moralischen Intuitionen im Kontext einer bestimmten ethischen Argumentationsfigur ist Gegenstand dieser Untersuchung.Nach einem knappen Überblick zu unterschiedlichen Funktionen von moralischen Intuitionen in der angewandten Ethik (1) wird in die Thematik über die Auseinandersetzung mit dem Sprachgebrauch von Intuitionen in moralphilosophischen Texten eingeführt (2). Anschliessend an den «intuition talk», wie es im Englischen genannt wird, wird Klaus Peter Rippes dreiteiliges Erklärungsmodell, was moralische Intuitionen sein könnten und welches begründungstheoretische Potential ihnen zukommt, er- läutert (3). Rippes Erklärungsmodell umfasst drei Theorien, was moralische Intuitionen sein könnten: (a) die Evidenz-Ansicht, (b) die Kultur-Ansicht und (c) Misch-Ansichten zwischen (a) und (b).Anhand zweier Fallbeispiele aus der Biotechnologie, der gentechnischen Schmerzausschaltung bei Tieren (sog. genetic pain disenhancement) und des reproduktiven Klonens beim Menschen, wird Rippes Erklärungsmodell diskutiert (4 und 5). Dabei wird auch auf das Igitt-Faktor-Argument (auch Yuck-factor-Argument) von Leon Kass eingegangen, das auf moralischen Intuitionen beruht und in ähnlicher Form auch bei Jürgen Habermas zu finden ist. Es wurde im Kontext des Klonens prominent verwendet und wird auch heute noch im Rahmen der Diskussion von gentechnischen Eingriffen ins Erbgut von Menschen, Tieren und Pflanzen bespro- chen. Es besagt, dass der weitverbreitete Abscheu und der Ekel, der insbesondere gegenüber künstlich hergestellten Klonmenschen auftritt, anzeigt, dass das Klonen moralisch verwerflich ist.Kritisiert wird in diesem Beitrag der Umstand, dass die Funktion und der Stellenwert moralischer Intuitionen oftmals nicht transparent ausgewiesen und kaum reflektiert werden. Dies ist darum problematisch, weil die Argumentation mit moralischen Intuitionen folgenschwere Konsequenzen mit sich bringen kann. So können sie zum Beispiel eine konsistente Argumentation ad hoc verwerfen oder Schwachstellen einer moralphilosophischen Position en passant überspielen. Ziel dieses Beitrags ist es jedoch nicht, moralische Intuitionen grundsätzlich zu verwerfen, vielmehr soll das Bewusstsein für ihre Verwendungsweise(n) geschärft und ihr argumentatorisches Potential herausgearbeitet werden. |
| Document Type: | Part of book or chapter of book |
| Language: | German |
| Access URL: | https://ucrisportal.univie.ac.at/de/publications/49ca9fd4-ebe5-4914-8236-d3232bb7f016 |
| Rights: | unspecified |
| Accession Number: | edsair.dris...00911..2147ab66f0638c608f5ca0c2d45c1a92 |
| Database: | OpenAIRE |
| Abstract: | Ist es möglich, moralische Intuitionen aus dem Alltag zu lösen und sie auf abstrakte biotechnologische Methoden und bioethischen Fragestellungen anzuwenden? Wie zuverlässig sind Intuitionen bei der ethischen Urteilsfindung im Kontext der Biotechnologie und welches argumentatorische Potential kommt ihnen zu? Diese Fragen und insbesondere das begründungstheoretische Potential von moralischen Intuitionen im Kontext einer bestimmten ethischen Argumentationsfigur ist Gegenstand dieser Untersuchung.Nach einem knappen Überblick zu unterschiedlichen Funktionen von moralischen Intuitionen in der angewandten Ethik (1) wird in die Thematik über die Auseinandersetzung mit dem Sprachgebrauch von Intuitionen in moralphilosophischen Texten eingeführt (2). Anschliessend an den «intuition talk», wie es im Englischen genannt wird, wird Klaus Peter Rippes dreiteiliges Erklärungsmodell, was moralische Intuitionen sein könnten und welches begründungstheoretische Potential ihnen zukommt, er- läutert (3). Rippes Erklärungsmodell umfasst drei Theorien, was moralische Intuitionen sein könnten: (a) die Evidenz-Ansicht, (b) die Kultur-Ansicht und (c) Misch-Ansichten zwischen (a) und (b).Anhand zweier Fallbeispiele aus der Biotechnologie, der gentechnischen Schmerzausschaltung bei Tieren (sog. genetic pain disenhancement) und des reproduktiven Klonens beim Menschen, wird Rippes Erklärungsmodell diskutiert (4 und 5). Dabei wird auch auf das Igitt-Faktor-Argument (auch Yuck-factor-Argument) von Leon Kass eingegangen, das auf moralischen Intuitionen beruht und in ähnlicher Form auch bei Jürgen Habermas zu finden ist. Es wurde im Kontext des Klonens prominent verwendet und wird auch heute noch im Rahmen der Diskussion von gentechnischen Eingriffen ins Erbgut von Menschen, Tieren und Pflanzen bespro- chen. Es besagt, dass der weitverbreitete Abscheu und der Ekel, der insbesondere gegenüber künstlich hergestellten Klonmenschen auftritt, anzeigt, dass das Klonen moralisch verwerflich ist.Kritisiert wird in diesem Beitrag der Umstand, dass die Funktion und der Stellenwert moralischer Intuitionen oftmals nicht transparent ausgewiesen und kaum reflektiert werden. Dies ist darum problematisch, weil die Argumentation mit moralischen Intuitionen folgenschwere Konsequenzen mit sich bringen kann. So können sie zum Beispiel eine konsistente Argumentation ad hoc verwerfen oder Schwachstellen einer moralphilosophischen Position en passant überspielen. Ziel dieses Beitrags ist es jedoch nicht, moralische Intuitionen grundsätzlich zu verwerfen, vielmehr soll das Bewusstsein für ihre Verwendungsweise(n) geschärft und ihr argumentatorisches Potential herausgearbeitet werden. |
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